P2P für jedermann? Was Neueinsteiger wissen müssen

P2P für jedermann? Was Neueinsteiger wissen müssen

2020 möchte ich erstmals in P2P-Kredite investieren – doch worauf kommt es in dieser für mich neuen Assetklasse an? Worauf muss ich achten, was sind die Chancen und Risiken? Bei meinen Recherchen bin ich über den Blog von Thomas Butz gestoßen – einem sehr erfahrenen P2P-Investor.

War er uns zum Auftakt mit auf den Weg geben möchte, erfährst du im nun folgenden Beitrag von Thomas – viel Spass beim Lesen!

P2P-Kredite – ein Investment für jedermann?

Mein Namensvetter Thomas hat mich gebeten seinen Leser – also euch – mal die Nische P2P-Investments vorzustellen – und dieser Bitte komme ich natürlich gerne nach! Dabei ist das ganze Thema ganz und gar nicht einfach mal so nebenbei abzuarbeiten, andere schreiben  Bücher und Blogs darüber!

Mal sehen ob ich es schaffe, euch eine Idee davon zu vermitteln und aufzeigen kann, dass einem zumindest der Einstieg in P2P ziemlich leicht gemacht wird.

Kurz noch ein paar Worte zu mir – ich selbst bin bekennender “Kommer” Fan und lege den größten Teil meines Vermögens in einem sogenannten ETF-Weltportfolio angelehnt an sein Buch "Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs" an, wobei ich mein Portfolio mit Einzelaktien und anderen Wertpapiere ergänze.

Da dies meistens grundsolide und langweilig ist, habe ich mir P2P als Spielwiese erschlossen was auch zu dem eher eigentümlichen Blognamen p2p-game.com geführt hat. Investiert bin ich nunmehr in mehr als 20 Plattformen.

Ich gehöre auch zu denjenigen, die propagieren nur einen kleinen Teil seines Vermögens (ca. 5 - 10 %) in P2P zu investieren, da dieses Investment zu den risikoreichen Hochzinsanleihen (früher nannte man das Junk Bonds zuzurechnen sind und trotz aller Versprechen und Chancen  mit einigen Risiken verbunden sind. Bevor ich euch aber mit meinem Lieblingsthema – den Risiken – weiter erschrecke, erst noch ein kurzer Exkurs.

Was ist P2P

P2P kommt aus dem englischen und heißt Peer to Peer (wird gerne mal mit illegalem Filesharing verwechselt). Spaß bei Seite – ursprünglich hat man unter diesem Begriff die Kreditvergabe von einer Privatperson an eine andere verstanden. Heute wird gerne alles was in irgendeiner Form mit Geld an andere Leute übers Internet verleihen (Crowdlending) zu tun hat, in diesen Topf geworfen.

Das Grundprinzip dahinter ist aber immer noch gegeben: Viele einzelne Investoren geben einer ihnen unbekannten Person die gewünschte Summe und erhalten dafür eine Rendite und die entsprechende Tilgungen – wenn alles wie erwartet läuft. Als Mittler fungieren dazwischen die sogenannten Plattformen und Anbahner.

Wer aufgepasst hat, dem ist aufgefallen das es einen Haken gibt: Wenn alles gut läuft.

Das macht es nicht immer, was ja auch logisch ist. Schließlich kommt Risiko von Rendite und warum sollte jemand euch Zinsen von 10 % oder gar 20 % und mehr anbieten, wenn das ganze ohne Risiko wäre?

Dabei existieren eine ganze Menge an Risiken im P2P-Umfeld. Sogar so viele, dass die mir einen eigenen Artikel wert waren. Wichtig ist mir (nicht nur dass ihr das mal durch lest) vor allem, das es eben keine Rendite ohne Risiko geben kann und wird, sondern dass ihr euch immer klar sein müsst, dass ihr hier kein Sparbuch vor euch habt. Sondern eine Anlageform, die zum Totalverlust führen kann.

Welche Anbieter gibt es?

Ganz viele Plattformen in unterschiedlichsten Ausführungen werben bei uns Investoren um unser Geld – ich kategorisiere sie grob in folgende Gruppen und nenne ein, zwei wichtige Vertreter daraus. Dazu kommt auch noch die räumliche Präsenz, sprich auf welchen Märkten die Plattformen unterwegs sind. So gibt es sehr regionale Plattformen als auch welche die ein breiteres Länderportfolio mitbringen.

  • klassische P2P Anbieter mit Konsumentenkredite mit wenig Sicherheiten vielen Ausfällen aber dafür in der Regel hohen Zinsen (10 - 25 %)
  • Crowdlending / Business-Kredite Investitionen in kleine Geschäfte oder konkrete Projekte, meist auch eher wenig gesichert dafür geringere Ausfallraten und ordentlichen Zinsen (7 - 17 %)
  •  Immobilienkredite können mit einem Objekt (Haus, Grundstück etc.) besichert sein. Hier muss man jedoch aufpassen: Zum einen, ob sie nicht nachrangig sind (faktisch unbesichert) zum andern wie positiv die Gutachten ausfallen. Kaum Ausfälle mit moderaten Zinsen (5 - 15 %)
  •   Ein "Gemischtwarenladen" - Plattformen die viele verschiedene Anbahner bündeln und dadurch ein breites Portfolio anbieten – von Konsumentenkrediten bis hin zu Immobilienkredite. Damit ist schon auf einer einzigen Plattform eine hohe Diversifikation möglich (auch wenn ich dazu tendiere, trotzdem über mehrere Plattformen hinweg zu diversifizieren)
    • vor allem im Baltikum: Mintos der Platzhirsch und kleinere wie z.B.: Grupeer mit Zinsen von 9 - 14 % ist man dabei.

Details zur Auswahl einer Plattform finden sich z.B. in meinem Artikel zur Plattform Auswahl Entscheidungs- Matrix bzw. im Risikobewertungsartikel  von P2P-Plattformen.

Was sind die größten Unterschiede bzw. welche Begrifflichkeiten sollte man kennen?

Neben den Kategorisierungen unterscheiden sich die Anbieter noch in weiteren Punkten, zum Beispiel in der bereits angesprochenen räumliche Präsenz. Viele sind nur im Baltikum (Peerberry) oder gar noch weiter östlich (Robocash) unterwegs. Andere haben Anbahner aus Übersee (Mintos) mit im Portfolio und wieder andere sind komplett auf ein Land (Irland Flender oder Finbee in Litauen) spezialisiert.

Dann gibt es noch einen wichtigen Begriff, der bei vielen Plattformen eine Rolle spielt, oft bei denen die mehrere Anbahner bündeln: Die sogenannte Buyback Garantie – besser bekannt das Rückkaufversprechen. Darunter versteht man, dass Kredite, die in Verzug geraten sind, nach einer bestimmten Frist (variiert von 30 -90 Tagen) vom Anbahner zurückgekauft werden und wir Investoren keinen Ausfall tragen müssen.


Hört sich toll an – verlagert aber das Risiko eines Ausfalls von einem einzelnen Kredit hin zum ganzen Anbahner. Dieses Risiko ist in der Vergangenheit bereits mehrfach eingetreten z.B. Aforti, Monego oder Eurocent. Zusätzlich sorgt Buyback dafür, das wir auch ganz andere Zinssätze bekommen als der Kreditnehmer (das sind schnell mal locker Faktor 10 Unterschied!). Nichtsdestotrotz ist dies verführerisch und suggeriert eine trügerische Sicherheit. Ich halte es so, dass ich versuche,Buyback-Anbahner möglichst breit zu diversifizieren.

Es gibt aber immer noch die Plattformen ohne Buyback Versprechen – wie zum Beispiel Bondora oder auch Finbee und Neofinance,wobei hier eine hohe Diversifikation (hier habe ich mal was dazu geschrieben, wie relevant diese sowieso bei allen Risiko-Investments ist) auf Kreditebene notwendig ist und man auch lernen muss, mit Ausfällen zu leben, ohne gleich in Panik zu verfallen und die Kredit mit Verlust wieder auf dem sogenannten Zweitmarkt zu verkaufen.

Der Zweitmarkt existiert übrigens nur bei einigen Plattformen und bietet euch dort die Möglichkeit, früher aus einem Kredit auszusteigen und ihn an interessierten Investoren zu verkaufen. Für mich eines der positiven Kriterien einer Plattform – ebenso wie der sogenannte Autoinvest, über den ich automatisch – sofern in meinem Investorenkonto Geld verfügbar ist – in neue, für mich passende, Kredite investieren kann.

Auf einer Zeitleiste gesehen, was waren die größten Meilensteine/Innovationen im P2P Bereich?

Also soll Opa ein wenig aus dem Krieg erzählen – nun gut. Heute muss sich kein Anleger bei den gängigen Plattformen mehr Gedanken machen, wie er sein Geld dorthin transferieren kann (es sei denn, er möchte direkt in England investieren) das geht ganz bequem per Sepa Überweisungen  anstatt wie früher mit paysera und Co.

Auch ein Autoinvest ist mittlerweile auf allen größeren Plattformen Standard – nur die Crowdlending-Newcomer wie z.B.: Crowdestor, Monethera und Wisefund können sich ein fehlen des Autoinvests noch erlauben.

Und das von vielen Investoren leider “geliebte” Buyback-Versprechen ist mittlerweile bei vielen Plattformen eingeführt zum Teil zu 100% (Robocash) zum Teil nachträglich bei vielen neuen Krediten (Lenndy) und manchmal auch abgewandelt als “Buyback fund” (Crowdestor) der als Sicherheit bei einem Ausfall herhalten soll.

Auch den schon erwähnten Zweitmarkt sieht man vermehrt, erst vor kurzem wurde dieser endlich bei Estateguru,der größten baltische Immobilienplattform eingeführt (die deutsche Exporo hat ihn übrigens schon lange) und bei Grupeer warten wir schon seit einem Jahr darauf.

Und ganz klar war über die Zeit eine massive Professionalisierung der Plattformen zu beobachten. Angefangen von der Investoren-Identifizierung mit Ausweis und Video-Identverfahren hin zu (halbwegs) vernünftigen Steuerdokumente (ja, ihr müsst die über P2P erwirtschaftete Zinsen selbst in der Steuer angeben – ist aber nicht weiter kompliziert).

Affiliate- und Werbeprogramme, Messebesuche & Stände (Invest) und dieses Jahr sogar die erste reine P2P-Konferenz in Riga (wer einen Eindruck von dort bekommen möchte der kann mal Christian im P2P Cafe zuhören).
Ein relativ neuer Trend ist es die eigentliche Anlage in einzelne Kredite noch weiter zu automatisieren und zu vereinfachen, um nicht zu sagen: Komplett zu verstecken. So haben Bondora als die ersten ein P2P-Produkt generiert, dass die eigentlichen Kredite vor den Anlegern sogar komplett verbirgt und stattdessen eine tägliche Verzinsung anbietet und obendrauf tägliche Liquidität verspricht. Und das bei aktuell 6,75% Zinsen (ganz Unverfrorene preisen, das gar als Tagesgeldersatz an wieso das nicht so ist, habe ich hier ausgeführt).

Der Erfolg gibt Bondora allerdings Recht – das Produkt “brummt” und sogar ich hab da ein paar Euro mittlerweile auf Abruf liegen. Natürlich hat dies auch Mintos “motiviert” sich in eine ähnliche Richtung mit ihrem Invest&Access Produkt zu bewegen – wenn auch nicht in gleicher Konsequenz. So sind hier immer noch die dahinter liegenden Kredite transparent aber mit ähnlichen Ansätzen, wie hohe Liquidität bei einem vollautomatisierten Portfolio, immerhin bei einer aktuell höheren erwarteten Jahresrendite.

Was waren deine positiven und negativen Erfahrungen?

Starten wir mit dem positiven. Was soll, ich sagen P2P funktioniert bisher einfach richtig gut.

Aktuell habe ich über all meine Plattformen gerechnet eine Rendite von >11% – das ist sicher bei mir zum Teil optimiert, da ich doch einiges an Zeit mit P2P verbringe. Dennoch halte ich diesen Wert in einem gemischten P2P-Portfolio für durchaus erreichbar.

Und zugegeben – mir hat es auch das ein oder andere mal Spaß gemacht, aktiv mit meinen P2P-Plattformen zu “spielen”. Sei es mit Zweitmarkt-Käufen und Verkäufen, als auch mit Kampagnen bei Mintos.

Lehrgeld musste ich natürlich auch zahlen sei es, weil ich zu schnell auf dem Zweitmarkt einen Kredit dazu gekauft habe, ohne genau hinzuschauen. Oder aber mich von Bondoras hohen Kreditzinsen habe blenden lassen und mir nicht bewusst gemacht habe, dass die Ausfälle sich in ähnlichen Höhen befinden und man meiner Meinung nach nur mit ständigen Optimierungen und der richtigen Strategie dort langfristig Geld verdienen kann.

Auch bei Flender war ich zu früh dabei – zu einer Zeit als sie noch faktisch jedem Geld gegeben haben, was sich jetzt rächt – die Plattform hat daraus gelernt und bietet heute deutlich differenzierter Kredite an. Ob ich daraus gelernt habe? Nur ein bisschen wie ihr gleich sehen werdet, wenn ich Thomas die Antwort auf den Blick in die Glaskugel gebe

Was sind deine Erwartungen für die Zukunft?

P2P bleibt für mich ein spannendes Segment, ich erwarte eine weitere Professionalisierung der Anleger und auch mehr und mehr das institutionelle Anleger sich dort ausbreiten – was den Markt verändern wird.

Ich denke die großen Plattformen werden versuchen, P2P noch weiter hin zu einer großen flexiblen “Anleihe" hin zu verschieben, so wie wir das eben durch Bondora Go&Grow erlebt haben.

Als Gegengewicht hoffe ich weiterhin auf kleine Plattformen wie Crowdestor & Co., die zum einen den Projekten ein Gesicht geben und zum anderen mit einer entsprechenden Rendite dagegen halten, ohne uns dabei aufs Glatteis zu führen.
Und ich rechne – als alter Pessimist – eigentlich schon lange damit, dass uns mal ein wichtiger Anbahner (zuletzt wackelt ja Aforti  Monego und Rapid Finance und die Panik war schon groß) oder gar eine Plattform wie Lendy ausfällt – schließlich gibt es kein “Free Lunch”, was gerade aktuell die Investoren von Kuetzal zu spüren bekommen,die vielleicht gutgläubig oder einfach nur geblendet von den sehr hohen Zinsen wohl einem Betrug auf den Leim gegangen sind.

Das soll euch jetzt aber nicht schrecken, auch mal die Fühler in Richtung P2P auszustrecken. Der Einstieg wird euch wirklich leicht gemacht und mit wenigen hundert Euro bekommt man schon nach kurzer Zeit ein ganz gutes Gefühl für diese Assetklasse und ihr merkt schnell ob das was für euch ist oder nicht.

In diesem Sinne, immer gut diversifiziert sein nicht alles auf eine Karte setzen, nie zu gierig werden und viel Spaß mit euren P2P Krediten wünscht euch

Thomas von p2p-game.com

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Dieser Beitrag stellt ausschließlich meine Meinung dar – es findet keine Anlageberatung durch mich oder die Seite „Aktien für jedermann“ statt. Dieser Beitrag ist eine journalistische Publikation und dient ausschließlich Informationszwecken. Der Beitrag stellt keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf einer Aktie, eines Wertpapiers oder einer sonstigen Anlage dar. Jeder Anleger ist an dieser Stelle dazu aufgefordert, sich seine eigenen Gedanken zu machen, bevor eine Investitionsentscheidung trifft.

Der Kauf von Aktien und anderen Wertpapieren ist mit hohen Risiken bis hin zum Totalverlust behaftet.

 

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